Die Grafschaft Bentheim mit der Kreisstadt Nordhorn an der deutsch-niederländischen Grenze in Niedersachsen ist seit Kurzem meine "neue Heimat".
Aus der mittelhessischen Wetterau zwischen Taunus und Vogelsberg mit den vielfältigen Naturräumen kommend, bin ich Ende 2015 ins flache Land gezogen. Landschaftlich ist es ein großer Unterschied und als alter "Waldläufer" kann (oder muss) ich hier nun die Sumpf- und Moorlandschaften erkunden. Zum Glück gibt es aber unmittelbar um meinen "sehr beschaulichen" Wohnort Bad Bentheim, mit seinen knapp 15.000 Einwohnern, auch ein paar kleine, aber recht schöne Eichenwälder - leider ohne Erhebungen. Die "große Sehenswürdigkeit" der Stadt Bad Bentheim, die Burg, liegt doch tatsächlich auf einem kleinen Hügel (ca. 50 m über NN) - dem einzigen weit und breit. Die Einheimischen finden die Steigungen zur Burg enorm und weisen Touristen, Rehaklinikbesucher sowie Neubürger voller Stolz und natürlich immer ungefragt darauf hin, dass die (wirklich kleine) Erhebung der westlichste Ausläufer des Teutoburger Waldes sei. Nun ja, ich habe das Glück, etwas unterhalb der Burg zu wohnen und genieße doch täglich den wunderschönen Ausblick. In den nächsten Monaten möchte ich, wenn ich fit bin, die Gegend besser kennenlernen und mir einmal die Naturschutzgebiete in der näheren Umgebung genauer anschauen. Die schönsten werde ich hier nach und nach vorstellen.
Ich betrachte Berichte über schöne und bedrohte Naturräume und Naturschutzgebiete oft kritisch - schliesslich werden hier manchmal Bedürfnisse bei Zuschauern bzw.
Lesern geweckt, diese Gebiete ebenfalls aufzusuchen (ich mache das ja schliesslich auch oft genug) und das hat natürlich ein höheres Störungspotential zur Folge. Auf der einen Seite weiß ich,
dass es besser für Tier und Natur wäre, wenn keine Menschenseele in die Nähe dieser Gebiete kommen würde. Auf der anderen Seite denke ich, dass man nur eine Beziehung zur Natur und den Tieren
aufbauen und beides für schützenswert halten kann, wenn man sich solche Dinge auch anschaut und sich damit beschäftigt. Ich wünsche mir, dass den Besuchern von Naturschutzgebieten klar wird, dass
es sich wirklich nur noch um die wenigen, kümmerlichen Reste von "natürlicher" Landschaft handelt, die da verzweifelt unter Schutz gestellt werden. Ok, "natürlich" ist da auch fast nichts, aber
ich meine damit auch erhaltenswerte Kulturlandschaften mit entsprechender Artenvielfalt. Vielleicht wird dem ein oder anderen Besucher bewusst, dass sich grundsätzlich etwas im Umgang mit der
Natur und den Tier- und Pflanzenarten ändern muss, bevor es zu spät ist. Wenn ich ehrlich bin, ist es meiner Auffassung nach für mind. 1/3 der Tier- und Pflanzenarten bereits "zu spät", um die
nächsten 100 Jahre zu überleben, wenn wir alle nicht endlich ...
Das Gildehauser Venn ist ein Moor- und Heidegebiet (niederdeutsch Venn, Vehn, Fenn) im "Dreiländereck" zwischen der Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden. Es liegt in der Grafschaft Bentheim zwischen Gronau und Gildehaus und gilt als eines der ökologisch wertvollsten Feuchtgebiete Nordwestdeutschlands.
Die Gesamtfläche des Schutzgebietes beträgt ca. 650 Hektar. Die Naturschutzkernzone, in der absolutes Nutzungsverbot
besteht, hat eine Fläche von 350 Hektar. Das Naturschutzgebiet Gildehauser Venn ist Bestandteil der „Natura 2000“, also der Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete Deutschlands. Das Kerngebiet liegt
auf niedersächsischem Gebiet, die südlichen Teile in Nordrhein-Westfalen heißen Rüenberger Venn (25 Hektar) und Tütenvenn (170 Hektar) und stehen ebenfalls unter Naturschutz. Der Name Tütenvenn leitet sich aus "Venntüte" ab, die plattdeutsche Bezeichnung
für den mittlerweile auch hier sehr seltenen Charaktervogel der Feuchtwiesen und Moore, dem Großen Brachvogel.
Bereits 1938 wurden erste Teile des Gebiets unter Schutz gestellt, jedoch wurde noch bis zum Jahr 1953 Torf gestochen. Nach einem Großbrand wurden im April 1996 weite Teile des Venns zerstört. Im März 2014 brannte es erneut auf einer Fläche von 150 Hektar. Die Natur hat sich jedoch zum Glück relativ schnell erholt.
Im Gebiet findet man viele als gefährdet eingestufte Tier- und Pflanzenarten. Insbesondere nährstoffarme Gewässer und Böden liebende Arten wie Pfeifengrass,
Feuchtheide, Schnabelried, Moorlilien, Lungenenzian, Gagel und Torfmoose sind hier anzutreffen. Bei der 350 ha großen Kernzone handelt es sich um ein vielgestaltiges Moor- und Heidegebiet, das
durchzogen ist von flachen, lang gestreckten Dünenrücken. Die feuchten Moorheiden werden von Glockenheide dominiert und sind teilweise mit Schilf und Beinbrechbeständen durchsetzt. Auf den
trockenen Dünenrücken herrschen Sandheiden vor.
Aus dem Tierreich gibt es viele auf diesen Lebensraum spezialisierte Insektenarten, Reptilien, Amphibien und Vögel zu beobachten. Erwähnenswert ist das Vorkommen von Moorfrosch, Kreuzotter und vielen selten gewordenen Vogelarten. Als Brutvogel, Zugvogel oder als Wintergast kann man hier über das Jahr verteilt Arten wie Baum- und Wiesenpieper, Brachvogel, Graugans, Schwarzkehlchen, Waldschnepfe, Bekassine, Ziegenmelker, Baumfalke, Rohr- und Kornweihe, Gold- und Rohrammer, Pirol, Kranich, Grau- und Silberreiher, Löffel-, Reiher- und Krickente, Zwergtaucher, Blaukehlchen, Neuntöter, Raubwürger, Ringdrossel und viele andere mehr sehen. Das Gebiet kann recht gut von zwei Beobachtungskanzeln überschaut werden, die durch einen schönen Pfad verbunden sind.
September 2016
April 2016 (Kompaktkamera)
Das Syen-Venn (man spricht es wie "Sühn Fenn" aus) ist ein weiteres schönes Naturschutzgebiet und befindet sich etwa 8km nördlich von Bad Bentheim. Das Gebiet ist ca. 193 Hektar groß und Bestandteil des gleichnamigen FFH-Gebietes. Das Syen-Venn steht seit 1936 unter Naturschutz. Es stellt ein Hochmoorgebiet unter Schutz, das durch Entwässerung und Torfstich verändert wurde. Das Gebiet erholt sich langsam und so sind mittlerweile wieder kleinere Schwingrasen- und Bult-Schlenken-Flächen zu finden. Erhöhte Kuppen aus Torf und Torfmoosen - sogenannte Bulte - bilden zusammen mit feuchten, teilweise wassergefüllten Vertiefungen - sogenannten Schlenken - ein typisches Mikrorelief, den sogenannten Bult-Schlenken-Komplex. Das Naturschutzgebiet ist nahezu vollständig von einem rund 250 Hektar großen Grünlandgürtel umgeben, der als Lebensraum für Wiesenvögel wie beispielsweise Großer Brachvogel, Kiebitz, Wiesenpieper, Wachtel und Schafstelze extensiv bewirtschaftet wird.
2016
Das nicht ganz 100 Hektar große Schutzgebiet bietet eine charakteristische Abfolge einer Talniederung der "Vechte" mit Terrassenhängen und Talranddünen als typischen Querschnitt einer ursprünglichen Flusslandschaft. Die Niederungen beherbergen Hartholzauwälder, die am Rand in Eichen- und Buchenmischwald übergehen. Oberhalb der Terrassenkante findet man ein schönes, mit Wacholder bewachsenes Heidegebiet mit Binnendünen - die sogenannten "Tillenberge".
2016 (Kompaktkamera)